Nordhausen

Nordhausen
Nọrdhausen,
 
1) Kreisstadt (so genannte Große kreisangehörige Stadt als Vorstufe zur kreisfreien Stadt) in Thüringen, 210 m über dem Meeresspiegel, am Südrand des Harzes, im Nordwesten der Goldenen Aue, 47 900 Einwohner; Fachhochschule, Museen (u. a. Meyenburgmuseum), Theater; Spirituosenherstellung (»Nordhäuser Korn«), Tabakindustrie, Maschinen-, Werkzeug-, Behälter-, Bagger- und Fahrzeugbau (u. a. Elektroautos), Gewerbe der Fernmelde- und Umwelttechnik, Spezialbaubetriebe; Endpunkt der Harzquerbahn (Schmalspurbahn) nach Wernigerode und auf den Brocken (Brockenbahn).
 
 
Die Innenstadt wurde 1945 zum größten Teil zerstört; wiederhergestellt wurden der Dom zum Heiligen Kreuz, eine spätgotische Hallenkirche (Mitte 14. Jahrhundert) mit dreischiffiger romanischer Krypta (12. Jahrhundert) unter dem frühgotischen Chor (1267 geweiht) und Chorgestühl der Zeit um 1400, sowie Sankt Blasii, eine spätgotische Hallenkirche (15. Jahrhundert) mit spätromanischem Westwerk und Renaissancekanzel (1592). Vor dem Alten Rathaus (1608-10) eine hölzerne Rolandsfigur.
 
 
In der Nachfolge eines 874 zu einem fränkischen Krongutbezirk gehörenden Dorfes und einer um 780/790 entstandenen Siedlung wurde unterhalb der 910 erbauten Burg Northusia die Siedlung Nordhausen (927 erstmals urkundlich erwähnt) angelegt. Ein Kanonissenstift (961 gegründet) erhielt 962 die Markt-, Münz- und Zollrechte. Die Ortschaft, aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage ein beliebter Handelsplatz, wuchs durch planmäßigen Ausbau im 12. Jahrhundert zur Stadt. Nach Aufhebung der Abhängigkeit vom Kloster, wurde Nordhausen 1220 zur freien Reichsstadt erhoben. Im 16. Jahrhundert brachten flämische Flüchtlinge die Kenntnis des Kornbrennens nach Nordhausen 1802 fiel Nordhausen an Preußen.
 
Bei Nordhausen bestand 1943-45 in bombensicheren gigantischen Stollen, Schächten und Tunneln im Kohnstein ein unterirdisches Rüstungszentrum (Tarnname Mittelbau Dora, Mittelbau-Dora beziehungsweise Dora-Mittelbau), zunächst als Außenlager des nationalsozialistischen KZ Buchenwald, bis 1945 etwa 60 000 Insassen, v. a. Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, von denen unter den mörderischen Arbeitsbedingungen etwa 20 000 umkamen. Hierher war die »V-Waffen«-Produktion nach der Zerstörung der »Raketenversuchsanstalt« Peenemünde umgelagert worden (Beginn der »V1«-Herstellung im August 1944; ab Dezember 1944 Ausweitung der Rüstungsproduktion). Ab 1. 10. 1944 zum eigenständigen KZ-System mit zuletzt 40 Außen- und Kleinstlagern erweitert, wurde es am 11. 4. 1945 von amerikanischen Truppen besetzt (über 1 000 Tote vorgefunden) und mit Nordhausen am 1. 7. an die SBZ abgetreten. Die heutige Gedenkstätte (seit 1966; 1995 Neueröffnung) soll zum »Lern- und Dokumentationszentrum Mittelbau-Dora« ausgebaut werden.
 
 
Das tausendjährige N., 2 Bde. (1927);
 J.-C. Wagner: Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora (2001).
 
 2) Landkreis im Norden von Thüringen, grenzt im Nordosten und Osten an Sachsen-Anhalt, im Nordwesten an Niedersachsen, 711 km2, 101 500 Einwohner; erstreckt sich von den Bleicheröder Bergen, der Hainleite und Windleite über die von der Helme durchflossene, fruchtbare Goldene Aue und den Alten Stolberg (hügeliges Waldgebiet) in den Südharz (Erholungsgebiet). Von der Fläche sind 29 % bewaldet, 57 % werden landwirtschaftlich genutzt (Anbau von Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Gemüse sowie Obstbau, besonders in der Goldenen Aue). Der Kalisalzbergbau in Bleicherode und Sollstedt wurde 1990/91 eingestellt. In Nordhausen werden Kies, Gips und Grauwacke abgebaut und verarbeitet. Bedeutendster Industriestandort ist die Kreisstadt Nordhausen. Weitere Städte sind Bleicherode, Ellrich und Heringen/Helme. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist der Fremdenverkehr.
 

Universal-Lexikon. 2012.

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